Kunst aus China

 

Ressort: Rhein-Main-Zeitung Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.10.2009, Nr. 229, S. 57

 

Kurz & klein

 

Kunst aus China

 

Na also, die Chinesen kommen. Nicht nur zur kurz bevorstehenden Buchmesse, nicht nur in die Schirn, die mit dem "Hof für die Pachteinnahme" gerade "Kunst für Millionen" zeigt, sondern auch in die freien Kunsträume der Region. Wenn nun Leonhardi Kulturprojekte in Karben unter dem Titel "Double Happiness" zehn bildende Künstler unterschiedlicher Disziplinen eingeladen hat, geht es weniger um die in Deutschland so beliebten Glückskekse oder die gleichnamige chinesische Zigarettenmarke. Das gemeinsame Thema der Arbeiten ist vielmehr die Auseinandersetzung mit der spezifischen Form des chinesischen Kapitalismus. Eröffnet wird die Schau am 10. Oktober um 19 Uhr im Karbener Burghof, anschließend ist sie bis 15. November zu sehen.

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Doppeltes Glück in Rot und Weiß

CHINA-AUSSTELLUNG

 

Während sich in Frankfurt die chinesische Literatur präsentiert, zeigen Künstler aus dem Reich der Mitte in Karben ihre Werke. Von Michael Hörskens

Frankfurter Rundschau, 12.10.2009

 

Eine außergewöhnliche Kunst-Ausstellung mit dem Titel "Double Happiness" ist jetzt in Karben gestartet worden. In der Galerie des Kunstvereins "Leonhardi Kulturprojekte" im Burghof geben chinesische Künstlerinnen und Künstler aus Schanghai, Kanton und Peking noch bis zum 15. November einen Einblick in die Kunstszene im Reich der Mitte. Vor dem Hintergrund der Frankfurter Buchmesse mit China als Gastland setzen sich die Werke mit dem chinesischen Kommu-nismus und der spezifischen Form des Kapitalismus in dem Land auseinander.

 

"Wir zeigen hier das Spannungsbild auf zwischen der Kommerzialisierung der Gesellschaft und einem traditionellen Wertesystem", erläutert Philipp von Leonhardi, Mitinitiator der Ausstellung und sagt weiter zur Thematik: "Double Happiness ist zum einen der Name einer populären Zigarettenmarke in China, der Begriff weist aber auch symbolisch auf das doppelte Glücklichsein einer Eheschließung hin."

 

 

Das Eingangstor zu den Räumen der Galerie wurde von der Künstlerin Ni Jun gestaltet. Es bildet das chinesische Schriftzeichen für Double Happiness, ist in roter und weißer Farbe bemalt und über zwei Wege begehbar. "Rot ist in China traditionell die symbolische Farbe für Glück und eigentlich nicht die der Arbeiterbewe-gung", erklärt die Künstlerin. Sie will das alte Wertesystem wieder ins Bewusstsein rücken. Läuft man durch das Tor, so erklingen Glöckchen, die den Moment des Glücklichseins unterstreichen.

 

Eine alte Tradition zeigt auch Xue Liu. Im Reich der Mitte ist es in bestimmten Regionen üblich, zur Erlangung des Glücks Fische zu kaufen und sie zu befreien. Dies ist auch bei der Schau in Karben möglich, der Künstler nennt dies: "Futter ist es nicht: Double Happiness".

 

Hua He wiederum ist beeinflusst von einer kosmologischen Theorie. Sie will einen Blick von weit oben auf die Erde symbolisieren, verteilt Perlen auf dem Fußboden. "Die Perlen können von den Besu-chern weggekickt werden, sie können sich aber auch vorstellen, dass dies menschliche Siedlungen sind und sie dann ganz anders behandeln und sortieren", erklärt die Künstlerin.

 

Videofilm zeigt Arbeitswelt

 

Zhou Tao und Xu Zhen präsentieren in Karben Video-Kunst. Ein Film zeigt etwa das streng geregelte Leben in der Arbeitswelt Chinas. Da werden zum Start in den Tag in Betrieben militärische Zeremonien praktiziert, welche die Dynamik des Kommunismus demonstrieren sollen. Dagegen bewegen sich in einem anderen Video-Clip zwei Tänzer in rot- sowie grün-getupftem Outfit mitten auf einer Straße und verkörpern die Farben einer Ampel. Sie wollen mit ihrer Performance den Wunsch nach Individualität ausdrücken.

 

Das einzige Gemälde der Ausstellung stammt von Zang Enli und zeigt eine Zigarettenschachtel der Marke Double Happiness. Das Werk erinnert an die Kunstrichtung Pop-Art, fast schon mit Warhol´schen Zügen.