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„Discovering Democracy - Young Kabul Art 2007“







Pressemitteilung vom 20. März 2007 zu dem Workshop- und Ausstellungsprojekt in Kabul:

 

„Discovering Democracy - Young Kabul Art 2007“

 

Workshop | 5-12. März 2007 | Kabul

 

Ausstellung | „Discovering Democracy - Young Kabul Art 2007“ | 15. März 2007 | Kabul

 

Leonhardi Kulturprojekte: Felicia Herrschaft, Philipp von Leonhardi

 

 

Künstler und Künstlerinnen: Nabila Ahmade, Ebrahim Bamiyani, M.Sulaiman-Dawlatzay, Mariam Formaly, Momin Formil. Shamsia Hassani, M. Reza Hosseini, Shabnam Ibrahimi, Wakil Kohsar, M. Nasir Mansurz, Asiya Moheby, Batol Moradi, Jahan Ara Rafig, Mariam Rasool, M.Tamin-Sahebzada, Ramzia Qazy Zada

 

Das Workshop- und Ausstellungsprojekt „Discovering Democracy - Young Kabul Art 2007“ stellt diese junge afghanische Kunstszene vor und diskutiert die Bedingungen engagierter Kunst in Afghanistan. Diese Kunstform hat sich von überholten Fragen des Modernismus gelöst, so dass es den Künstlern möglich wird ihre eigene Realität zu interpretieren und in ihrer Gesellschaft relevante Fragen zu formulieren. Sie tragen dazu bei in der Öffentlichkeit kommunikative Räume und eine neue demokratische Ordnung zu etablieren.

 

In den Arbeiten afghanischer Künstlerinnen werden zum Beispiel Konflikte thematisiert, ein Kampf um Anerkennung pluraler Lebensformen, die Etablierung von Rechtsnormen, Verstöße gegen Menschenrechte während der Kriegsjahre, aber auch der Wiederaufbau in Afghanistan und Versöhnungsprozesse zwischen Tätern und Opfern.

 

„Demokratie kann nicht nur politische Kunst sein, sondern auch künstlerisch dargestellt werden.“ (Babak Khalatbari, Konrad Adenauer Stiftung)

 

Das bedeutet zum Beispiel, dass diese Künstler vergleichbar wie Journalisten arbeiten. Eine Teilnehmerin hat sich komplett als Journalistin verstanden, diejenigen, die als Kalligraphen, Filmer oder Fotografen teilgenommen haben, sind auch journalistisch tätig. Nur die Gruppe der Maler und Bildhauer war bisher nicht mit gesellschaftlich relevanten Fragen konfrontiert.

 

Alle 16 Teilnehmerinnen des Workshops haben in ihren Arbeiten gezeigt, dass sie die Möglichkeiten engagierte Kunst zu produzieren und sich gesellschaftlich zu engagieren, gleichwertig behandeln.

Demokratie aus der Perspektive der Künstler ist kein unerreichbares utopisches Modell, sondern Bestandteil ihrer Vorstellungen, die sie in Themen wie Freiheit, Würde, Gleichheit, Arbeit, Frieden, Gerechtigkeit ausdrücken.

 

Die afghanische Demokratie ist künstlerisch darstellbar!

 

Den teilnehmenden Kunststudentinnen vom "Center for Contemporary Arts Afghanistan" (CCAA) wurden am Anfang des Workshops Fotoapparate übergeben, damit diese ihre Perspektive auf Afghanistan in spontanen Bildern und Momentaufnahmen dokumentieren. Die Fragen nach ihrer künstlerischen Identität und ihrer künstlerischen Perspektive auf das Neue in Kabul, dem Sichtbarwerden demokratischer Strukturen, stand hier im Vordergrund. Motive sind Neubauten, aber auch die Ruinen des Königspalastes, das neue Parlament, das gemeinsam besucht wurde, das Kabul Museum, Arbeiter, Landschaften, Müll, Menschen an Computern, der Englisch Kurs oder Kooperationen zwischen den Studentinnen. Die Schatten, die sie in einem Bild an die Wand werfen, gleichen den Schatten in Platons Höhlengleichnis.

Eine beeindruckende Vielfalt an Fotoarbeiten ist hierbei entstanden, die die Arbeitsbedingungen der Studentinnen zeigen. Die meisten Fotos wurden aus dem Auto mit geschlossenem Fenster gemacht. D.h. sie können sich in dieser Gesellschaft bisher nicht frei bewegen.

Shamsia, eine junge Künstlerin aus dem CCAA zeichnete zum Beispiel einen Zug, der mit rasanter Geschwindigkeit und afghanischer Flagge in eine grüne Landschaft fährt. Die neuen Bedingungen in einem Staat wie Afghanistan zu leben, wird mit Fortschritt und Freiheit assoziiert. In einer weiteren Zeichnung schlägt eine Faust durch eine Scheibe und hält die Freiheit fest, bevor sie wieder verschwindet. Ein Versuch, den Moment einer ankommenden Demokratie festzuhalten, der sich in der afghanischen Realität noch nicht verwirklicht hat, den die Künstler jedoch nicht entkommen lassen wollen.

 

Erlebt man die neuen Vorstellungswelten der Künstler in Afghanistan in direkter Auseinandersetzung, dann versteht man die Ausmaße der Zerstörungspolitik nicht nur durch die Taliban, sondern auch durch jahrzehntelange Kriegserfahrungen. Für Rahraw Omarzad, Herausgeber des Kunstmagazins „Gahnama-e Hunar“ und Leiter des CCAA, haben die Künstler in Afghanistan immer „nein“ gesagt. Sie haben sich mit den wechselnden, ungerechten Systemen nicht abgefunden und diese akzeptiert. Wenn es bisher keine funktionierende politische Opposition gibt, so verstehen sich die Künstler als eine solche. Unter den Taliban konnte „Gahnama-e Hunar“ erscheinen, mit dem Rahraw Omarzad es geschafft hat, trotz des Verbots von Abbildungen durch die Taliban, über Kunst zu berichten.

 

Beinahe wären diese Adern der Kunst ausgetrocknet, meint Omarzad und der Strom der künstlerischen Produktion in Afghanistan versiegt, wären die Taliban noch länger an der Macht geblieben. So ist es Omarzad schon 2002 gelungen nach Deutschland zu kommen und aktuelle europäische künstlerische Produktionen zu erleben und in Kabul zu vermitteln.

 

Diese Erfahrungen sind in die ersten Videoarbeiten des CCAAs eingeflossen, in dem dort der Wiederaufbau der "Faculty of Fine Arts" in Kabul thematisiert wird. In dem Video „Closed Door“ wird gezeigt, sollten Türen verschlossen sein, dann nehmen Afghanen andere Wege, um ihr Ziel zu erreichen.

 

Die Künstler stehen aufgrund der politischen Lage vor einer paradoxen Situation: Wie überlebt man als Künstler, wenn das Leben bedroht ist? „Vielleicht bestehen Überlegenheit und Glück der Toten darin, das sie niemals durch Hunger und Kälte zum Leben erwachen, während die Lebenden an Hunger und Kälte sterben“, schreibt der Autor Khalid Nawisa in „Gahnama-e Hunar“. Künstler schaffen sich ihren Resonanzboden, indem sie gemeinsame Projekte entwickeln. Aber was wird passieren, wenn es keine gesellschaftliche Resonanz für die Ideen der Künstler und ihre unbestechliche Haltung gibt? Wenn Künstlerinnen wie Batol Moradi versuchen den Opfern eine Stimme zu geben?

Mit der Nutzung neuer Medien, der Entdeckung öffentlicher Räume werden die Medien der Taliban ersetzt, die in den Moscheen immer noch gegen die Demokratisierung agitieren können. Dass sich die neue Symbolwelt in Form einer verwelkten Rose auf verkrustetem Lehmboden manifestiert, die Reza Hosseini fotografiert hat, zeigt veranschaulicht die schwierige Lage.

 

Einen ersten Anstoß für öffentliche Aktionen hat nun die Ausstellung „Discovering Democracy - Young Kabul Art 2007“ in Kabul gegeben. Hier wurden erste Ergebnisse des Workshops, der von Leonhardi Kulturprojekte und der Konrad Adenauer Stiftung organisiert wurde, präsentiert. Diese Ausstellung soll in diesem Jahr noch nach Deutschland kommen und in Berlind und in Frankfurt | Karben gezeigt werden.