concept paola anzichè shannon bool sunah choi kerstin cmelka ayse erkmen valie export parastou forouhar april gertler simin keramati julia kissina nayon lee sandra kranich anny&sibel öztürk susana ortizmaillo anna ostoya jeannette petri bianca rampas judith raum martha
rosler
 giovanna sarti francesca d. shaw simone slee jinoos taghizadeh zpugmai zadran 

soziologie in frankfurt experimental publicspheres entgrenzung dissolution leonhardi kulturprojekte radio axiom harald szeemann artworld shanghai hiphop culture exit andvoice log philosophy & socialscience afghanistan projects durban  kosovo projects ayse erkmen utopia station dani gal kriege / wars drucilla cornell lena inowlocki hyunjae lee heikki ikäheimo florian agalliu 

fehe



Anonymität und das Unbekannte als Bedingung der Veränderung ästhetischer Erfahrung.

Anonymität und das Unbekannte in der Ästhetik und Kunst bilden an sich einen Widerspruch, außer sie werden der ästhetischen Erfahrung oder dem künstlerischen Schaffensprozess, dem Werden des Künstlers zugeordnet.

Ein Maler wie Willi Baumeister (1889-1955) der zu den bedeutendsten Malern der deutschen Avantgarde zählt, verneint abstrakt zu malen und kommentiert dies mit: "In jedem absoluten Bild muß es spuken". Seine Bilder können als eine phänomenologische Annäherung an das Numinose, als dem Unbekannten, dem Magischen, dem Dunklen, dem Schweigenden, dem Unaussprechbaren, dem Leeren gelten, dem sich der Künstler annähert, das ihm zuvor Unbekannte zu entdecken, das sich in jedem Bild auf’s neue formiert.

Dieses Unbekannte ist für Baumeister der künstlerische Freiraum aus dessen Schatten der sichtbaren Dinge ein Gegenbild erschaffen wird, das dann als Kunst verstanden werden kann. Insofern bewahren Form und Bildfiguren ein Eigenleben und stellen für jeden Betrachter etwas Neues und anderes dar. Kunst behält eine geheimnisvolle, fremde, unbekannte, versteckte, unvertraute, nicht wahrgenommene, unverständliche, unerwartete Struktur, die jeweils in sich die eigene Explikation erfordert.

Dies ist der Moment an dem ästhetische Erfahrung und ästhetische Theorie zusammentreffen und ihren Gegenstand gewinnen, weil, und das zeigt sich besonders an Adornos „Ästhetischer Theorie“ etwas nicht-identisch bleibt, etwas das Misslingen und Betrug beinhaltet, wenn Ästhetik versucht „Kunst von oben her und ihr äußerlich“ zu beurteilen, „sondern ihren inwendigen Tendenzen zum theoretischen Bewusstsein verhelfen soll, kann sie nicht in einer Zone von Sicherheit sich ansiedeln, die jedes Kunstwerk, das sich irgend genügt, Lügen straft.“ Der Pragmatist John Dewey bildet für Adorno hierbei eine Ausnahme, denn dieser hat direkt die Probleme der Ästhetik ausgesprochen, insofern, das Ästhetik, ästhetische Reflexion, Widerspruch findet an den ästhetischen Gebilden und sich deshalb „ins Offene und Ungedeckte“ begeben muss. „Wesentlich an der Kunst ist, was an ihr nicht der Fall ist, inkommensurabel dem empirischen Mass aller Dinge. Jenes nicht der Fall Seiende an der Kunst zu denken ist die Nötigung zur Ästhetik.“

 

Für Dewey ist ein unbefangener Zugang zur Kunst nicht mehr möglich, weil man es mit einer Überhöhung und Transzendierung künstlerischer Arbeiten zu tun habe, die auch noch an Konventionen gebunden waren, die diese Unzugänglichkeit noch erschwerten. Diese Kunstwerke sind eigentlich in ihrer Ursprungsgeschichte Teil menschlicher Erfahrung gewesen. Kunst wurde als Teil alltäglicher Handlungen und Ereignissen verstanden und wies nun in der Zwischenzeit auf eine Spaltung und Teilung der gesellschaftlichen Organisation der Erfahrung von Kunst hin, die sich auch an dem erkennen lasse, wie aus der Organisation des menschlichen Lebens, Natur als Bestandteil dieses menschlichen Lebens abgespalten wurde. In der Entstehung der Naturwissenschaften sieht Dewey deshalb einen beinahe emanzipatorischen Prozess am Werk, indem wie die Naturhaftigkeit auch des menschlichen Lebens nachgewiesen werden kann. Dass es einen Erfahrungs - und Anpassungszusammenhang des Menschen gibt, durch und anhand der Erfahrung von Kunst, beobachtet Dewey an dem wie Zuschauermengen sich in alltäglichen, auch profanen und banalen Ereignissen, wie dem Ballspiel mitreißen lassen oder mit welcher Hingabe Blumen gepflegt werden und wie Kaminfeuer angezündet werden, Dies sind Tätigkeiten von Menschen die, würde man sie nach dem Sinn dieser Tätigkeit fragen, vielleicht davon berichten würden, dass sie fasziniere wie ein inneres Fackelspiel vor ihren Augen ablaufe. Diese Handlungen und Empfindungen würde man jedoch nicht als ästhetische Empfindungen auffassen und auch nicht als Bestandteil der Erfahrung von Kunst. Diese ruht für Dewey auf einem entrückten Sockel, in Museen und Galerien verbannt, so dass dem Durchschnittsmenschen nur die Erfahrung an profanen Kunsterlebnissen wie Film, Comic oder moderner Tanzmusik bleibt. Wie kam es nun zu dieser Verschiebung und Abspaltung der Kunst aus dem gemeinschaftlichen Leben, wenn diese doch einmal Teil einer geordneten Gemeinschaft gewesen ist und nun aber als Ausdrucksform gesellschaftlichen Lebens nicht mehr in Erscheinung treten kann? Auf der einen Seite sieht Dewey die Entwicklung des Kapitalismus, die nouveau riches, die Kunstkäufer und Sammler, die an diesem Prozess mitwirkten, wer kann sich wie mit diesen kostbaren Einzelstücken schmücken; auf der anderen Seite kann Dewey in seiner Kritik an Kants zwei Welten-Lehre diesen Prozess verdeutlichen, dessen Ausgangspunkt auch Platons Entwurf des Staates ist, in dem dieser das politische Gemeinwesen durch die schönen Künste bedroht sah und diese aus dem öffentlichen Leben verbannte.

 

Die Frage nach Anonymität oder dem Unbekannten als eine Bedingung ästhetischer Erfahrung scheint diesen Bereich zu betreffen, den Dewey als „gewöhnliche Erfahrung“ von Kunst kennzeichnet, aber als verbannt erkennen musste, weil diese gewöhnliche Erfahrung von Kunst entweder keinen Bezug zur noumenalen Welt, als Welt der Ideen hat, d.h. den Ideen können keine Gegenstände zugeordnet werden, oder müssten der reinen empirischen Erfahrung zugeordnet werden. Kunst wäre demnach, der transzendentalen noumenalen unerreichbaren Welt der Ideen ohne Erfahrungszusammenhang zugeordnet, d.h. unerkannt, fremd, verborgen, dunkel, exotisch, geheimnisvoll, namenlos, geheim, merkwürdig, unbegreifbar, unerklärt, nicht erforscht, nicht vertraut, nicht identifizierbar.

Theorien der Kunst stoßen dann auf Widerstand, wenn sie versuchen gewöhnliche Lebensprozesse oder Kunst als menschliche Erfahrung einzubeziehen, weil das Leben als solches nicht anerkannt wird im normalen Lebensprozess der Kreation und der Betrachtung von Kunstwerken.

 

Deweys pragmatistischer Erfahrungsbegriff versucht in der Betonung der gewöhnlichen Erfahrung von Kunst als Teil menschlicher Erfahrung, die Spaltung und Überhöhung der Kunst in eine Welt außerhalb gesellschaftlicher sozialer alltäglicher Praktiken und Erfahrungen, wie dies Ausstellungspraktiken in Museen zeigen, rückgängig zu machen.

Aktuelle künstlerische Entwicklungen können als kooperativ bezeichnet werden, indem wie Ausstellungsbedingungen oder installative Kunst den Anspruch auf Öffentlich-Sein thematisieren und dies in den künstlerischen Prozess integrieren. Anhand der kooperativen Entstehung von Kunstwerken kann dann gezeigt werden, dass diese Teil sozialer Organisationsformen sind und das künstlerische Produktionen auf Interaktionen und Kooperationen innerhalb der sozialen Welt beruhen und darin erst ihre Bedeutung gewinnen.

Anonymität im sozialwissenschaftlichen Kontext versucht oft Beziehungen unter Fremden zu erklären. Durch Dichotomien wie das Individuum und das Kollektiv, durch eine Innen- und Außenlenkung des modernen Menschen, durch das Verhältnis von Masse und Deindividuierung und wie sich darin neue Formen des Respekts, der Selbstachtung, der Norm- und Regelbefolgung ausdrücken können, wie zum Beispiel Menschen in der Lage sind ihre familiären Beziehung auch unter prekären Bedingungen der Migration aufrechtzuerhalten.

„Unerprobtes stillschweigendes soziales Wissen ähnelt einem Gruppenbild, einer gemeinsamen Vorstellung davon wie die Dinge sein sollten. Erprobtes soziales Wissen nimmt dagegen die Form einer Erzählung einer gemeinsamen Geschichte des Wandels an.“ Richard Sennet beschreibt anhand der Fähigkeit seine Geschichte zu erzählen, wie Erzählende und Zuhörende voneinander abweichen und darin das Verstehen befördern als Tausch- Austauschbeziehungen die Menschen kommunikativ eingehen. Anonymität wird in der Asymmetrie und Ungleichheit menschlicher Austauschbeziehungen aufgehoben, die jeweils erneut in jeder Begegnung den gleichen Respekt und Achtung erfordert, damit ein Gespräch möglich ist.

Das folgende Interview mit einer „unbekannten Künstlerin“ zeigt einige dieser Annäherungen.

 

Interviewer = I: Wie ist es dazu gekommen, dass du als Künstlerin in BE arbeitest? Wie ist es dazu gekommen, das du hierher gekommen bist und an welchen Projekten arbeitest du jetzt?

Artist = A: Ich glaube ich hab es verstanden ((lachen)), aber die Frage ist sehr komplex

I: Ja und du kannst beginnen wo du möchtest, bei deiner Kindheit?

A: Als ich 2 Jahre alt gewesen bin ((lachen)) als ich drei war. Ich denke es hat angefangen als ich die High School beendet habe und das erste Mal für ein Jahr von P nach D gezogen bin.

I: D?

A: D ist die Hauptstadt von Q und ich wusste noch nicht was ich machen würde. Ich habe versucht diese Dinge herauszufinden und mich für Reklame interessiert und in einer Werbeagentur gearbeitet. Aber das hat mir nicht so gut gefallen. In dieser Zeit habe ich ein wenig mit Zeichnen und Malen angefangen und verrückte Projekte gemacht. Dann habe ich entschieden Q zu verlassen und andere Orte auszuchecken um zu sehen was dort mit zeitgenössischer Kunst passiert, weil es in Q zu dieser Zeit unmöglich war, sich mit moderner Kunst zu beschäftigen. Es gab keine Kunstmagazine, die dieses ganze Wissen über Moderne Kunst vermitteln. Ich habe viele Bewerbungen an unterschiedliche amerikanische Kunstschulen gesendet, weil ich dachte, dass die Amerikaner wirklich gut sind in moderner Kunst. Ich wusste nicht viel über moderne Kunst, denn in Q endete die moderne Ausbildung in Kunstgeschichte mit dem späten Picasso. Das heißt ich habe ein bisschen über abstrakten Expressionismus gehört, aber nicht viel. Andy Warhol war dann die Richtung die ich irgendwie ausprobieren wollte. Schulen in E oder in C waren großartig, d.h. ich wollte etwas ganz anderes machen in meiner Ausbildung.

I: Und du hast dich immer für Kunst interessiert?

A: Ich denke ja, denn ich komme aus einer Familie in der meine Mutter und ihre Mutter Psychologen sind und meine Mutter hat mich immer daran erinnert: „C, als du klein gewesen bist hast du zeichnen so geliebt, du solltest malen, denn das war die einzige Zeit durch die du in der Lage gewesen bist still zu sitzen, denn du bist ein bisschen nervös.“ Das war dann auch das, was ich als Teenager machen wollte. Ich bin dann zum Theater gegangen und habe in einer experimentellen Theatergruppe gespielt und wollte erst mehr in diese Richtung gehen, aber das fing an mich zu langweilen. Ich war gelangweilt von diesen Leuten und dem Druck. Das ist der Grund weshalb ich dann zurück zum Malen wollte. Zuerst habe ich verschiedene Sachen zuhause gemalt und dann habe ich Unterricht genommen. So konnte ich eigene Ideen entwickeln und was ich gerne studieren würde. Ich habe Briefe an amerikanische Schulen geschickt, aber ich habe kein Geld und die Schulen für die ich mich beworben hatte, waren alle sehr teuer, weil ich wirklich zu einer sehr guten Schule wollte. Die besten fünfzehn Schulen Amerikas sind zudem private Colleges und absolut teuer. Aber irgendwie hat sich die M-school für Kunst und Design aus Amerika gemeldet, mit einem Department in G. Sie haben mir angeboten zu kommen, ich müsste nicht für die Ausbildung zahlen und sie haben mir einen Job in der Schule angeboten. So habe ich meine Sachen gepackt und bin nach G gegangen.

I: Wann war das?

A: Das war ein Jahr nach meinem Bachelor, nach der Highschool. Ich habe für ein Jahr in D gewohnt und davor in P.

I: War es interessant für dich nach dem kalten Krieg aus einem kommunistischen Land raus zu kommen?

A: Ich war sicherlich ein Kind des Kommunismus, denn ich hatte gelernt das im Westen alles besser ist als in Q. Als Kind habe ich mir gewünscht raus zu kommen, weil die Kaugummis im Westen besser waren, die Filme waren besser und alles war viel farbenfroher, während unsere Sachen grau und dreckig waren. Meine Eltern habe mich gedrängt Sprachen zu lernen, damit ich das Land verlassen und die Welt von der anderen Seite der Grenze zu sehen bekomme. Aber als ich 1996/96 zwanzig war, sieben oder acht Jahre nach dem Runden Tisch, nach dem Zusammenbruch und dem Wandel, gab es mehr Möglichkeiten und weniger Risiken als zuvor, vielleicht nie wieder zurückkommen zu können.

I: Wie bist du denn nach E auf die Kunstschule in BE gekommen?

A: Auf diese Kunstschule? Ich habe nach vier Jahren mein Studium in G abgeschlossen, weil es eine amerikanische Schule war. Ich habe die Abschlussprüfung gemacht und alle meine Freunde zogen aus G weg. Sie sagten, vier Jahre ist genug in G, lasst uns ein weiteres Land auschecken. Ich fand E spannend, weil meine Tante hier wohnt.

I: Ein weiteres Land auschecken ((lachen)) aus welchen Gründen?

A: ((lachen)) Ich habe mich immer für E interessiert, weil ich als Kind E ein paarmal besucht habe. Meine Tante lebt hier, sie hat hier geheiratet, aber irgendwie habe ich nie die Kultur kennen gelernt. In Q haben wir viel in der Schule über E gelernt und was dieses Land für die europäische Kultur bedeutet. In E herrscht ein ganz anderer Spirit als in G und in Q. Deshalb habe ich mich entschieden nach E zu kommen und es kennen zu lernen, denn ich komme lieber längere Zeit an einen Ort um diesen besser kennen zu lernen Ich glaube nicht daran einen Ort in zwei Monaten kennen lernen zu können. Außerdem habe ich hier einen sehr guten Freund. Wir waren für eine lange Zeit zusammen und so bin ich hierher gekommen um selbst zu entscheiden wie dieses schreckliche BE ist. Alle Freunde in G sagten: “Warum gehst du nach BE, machst du Witze?” Sie haben es nicht verstanden und ich war auf einen wirklich schrecklichen Ort vorbereitet. Aber ich fand es super interessant hier und großartig. Ich fühle mich hier sehr glücklich und lerne viel. Es ist sehr schwierig die Menschen hier zu verstehen und wie die kulturellen Codes zusammengehören. Dadurch bleibe ich hier.

I: Wie ist die Situation in der Schule in BE, denn die Schule wird mehr und mehr zu einer internationalen Schule?

A: Ich studiere hier noch nicht so lang. Als ich hierher gekommen bin war Herr W. schon da und die Schule hat sich mehr und mehr zu einer internationalen Schule entwickelt. Die Schule in G war auch unglaublich international. Hier ist es ein Mix aus Menschen aus verschiedenen Kulturen. Das hat mich sehr überrascht als ich hierher gekommen bin, diese internationale Schule vorzufinden. Der kulturelle Austausch aus Meinungen und Stilen ist großartig, denn das ist die große Gefahr in einer Kunstschule, dass man einen bestimmten Stil übernimmt und dann verpflichtet ist mit diesem zu arbeiten.

I: Wie nimmst du die Kultur in E wahr? Ist da etwas das du als E Kultur bezeichnen würdest? Was ist für dich interessant in E?

A: ((lachen)) Es ist sehr schwierig diese Frage zu beantworten, denn da sind bestimmte Vorurteile. Für mich ist interessant, dass alles hier so grün ist ((lachen)) Das ist eine unglaubliche Veränderung, wenn man von Q kommt und auch in G sieht man überall saubere Toiletten in jeder Bar, sogar der schlechtesten sind die Toiletten sauber und nett. Für mich als Kunststudentin ist es wundervoll diese Zugänge zu Büchern, Menschen, berühmten Menschen, interessanten Menschen, die Vorlesungen halten und der Möglichkeit mit anderen Studenten zu sprechen und sich zu treffen. Es ist sehr einfach sich in BE zu bewegen. Aus dem Zentrum kommt man schnell raus nach R und es ist auch nicht weit von G, um andere Orte zu besuchen, Mit einem Auto hat man nicht das Gefühl weit weg von irgendwo zu wohnen. Es ist sehr zentral.