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fehe




 

Die Integration der Kriegsveteranen ist

entscheidend für die Nachkriegsordnung

 

Jeder Krieg hat Folgen. Soldaten, die aus dem Einsatz zurückkehren, sind eine solche Folge. Jede Gesellschaft muß sich ihren Veteranen stellen, ob sie will oder nicht. In der Geschichte der Kriege sind verschiedene Wege gegangen worden, Kriegsveteranen ins zivile Leben zurückzuführen. Am Beispiel der beiden Weltkriege, des Vietnam- und des Afghanistankrieges wird gezeigt, mit welchen Problemen, Konflikten und gesellschaftlichen Reaktionen amerikanische, deutsche und weißrussische Soldaten nach ihrer Rückkehr konfrontiert waren.

 

 

Der Autor liefert einen Beitrag zu einer Soziologie der Kriegsfolgenbewältigung. Wie teilt der Veteran seine Erlebnisse mit? Ist der Soldat Täter oder auch Opfer? Wann gilt der Soldat als schuldig, wann wird er entschädigt? Welche Rolle spielt die Öffentlichkeit? Sind Soldaten ein Risiko oder eine Chance für Gesellschaften nach Kriegen? Das Trauma des Krieges und der Krieger wird in diesem Buch ebenso beleuchtet wie die Mythen, die sich um Veteranen, wie etwa nach dem Vietnamkrieg, ranken.

 

Angereichert mit zahlreichen Tabellen, Abbildungen und einer umfangreichen Bibliographie wird ein Thema behandelt, das vermutlich - leider - auch in Zukunft nicht an Bedeutung verlieren wird.

 

Das Buch schließt mit der hochaktuellen Frage: "Der Krieg, der für die Veteranen mit Bitternis endete - wird er für die, die ihn nicht kennen, wieder süß schmecken?"

 

Veteranen, Erster Weltkrieg, Zweiter Weltkrieg, Vietnamkrieg, Afghanistankrieg, Traumatisierung, Soziologie, Politik

 

 

Rezension

Tip der Redaktion 'politik-buch.de', Februar 2003

Die Integration der Kriegsveteranen ist

entscheidend für die Nachkriegsordnung

Die internationalen Helfer, die damit beauftragt sind, jene Länder wieder aufzubauen, die in der jüngsten Vergangenheit durch Bürgerkriege zerstört wurden, machen immer wieder die Erfahrung, daß eine stabile Friedensordnung nur dann möglich ist, wenn es gelingt, die Veteranen des Krieges in die neue zivile Ordnung einzubinden. Um so mehr verwundert es, daß bisher kaum vergleichende und übergreifende Untersuchungen zu der Problematik der Reintegration von Kriegsveteranen vorliegen.

 

Der Soziologe Benjamin Bieber versucht, das Desiderat einer tiefergreifenden Analyse der Erfolgs- und Mißerfolgsbedingungen der Einbindung der Veteranen in die Friedensordnung mit seinem Buch "Wie Kriege enden" zu füllen. Vergleichend untersucht Bieber dazu die Reintegration der deutschen Soldaten nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, sowie die Rückkehr der amerikanischen Veteranen nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Vietnamkrieg. Am Beispiel der Aufnahme der deutschen Soldaten in der Heimat nach dem Ersten Weltkrieg wird deutlich, welche Bedingungen zum Scheitern einer Integration der Veteranen führen können. Bieber erklärt, daß die im Entsehen begriffene Republik entscheidende Fehler im Umgang mit den Kriegsteilnehmern machte. Bedingt durch die von den Alliierten erzwungene überhastete Demobilisierung, wurden die deutschen Soldaten nicht geordnet entlassen, sondern verließen zum Teil willkürlich die Truppe. Dabei wurde unter anderem versäumt, die Soldaten zu entwaffnen. In den Wirren und Parteikämpfen der unmittelbaren Nachkriegszeit tauchten diese Waffen wieder auf und erschwerten den Aufbau einer demokratischen und rechtstaatlichen Ordnung. Schwerer noch wog, so führt Bieber aus, daß die neue Regierung es zuließ, daß rechtsradikale Gruppierungen den Mythos der Unbesiegtheit der Armee im Felde ("Dolchstoßlegende") aufbrachten und so einen Keil zwischen die Veteranen und die bürgerliche Ordnung trieben. Vertieft wurde dieser Graben dadurch, daß von staatlicher Seite keine Organisationen geschaffen wurden, die darauf zielten, die ehemaligen Soldaten dazu zu bewegen, in demokratischer Weise ihre Anliegen zu vertreten. Der größte Fehler der chaotischen Demobilisierung nach dem Ersten Weltkrieg auf deutscher Seite war daher wohl das Versäumnis, die Veteranen in einer pro-demokratischen Haltung zu bestärken.

 

Anders, so führt Bieber aus, stellte sich die Situation in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg dar. Diesmal kehrten die Veteranen nicht aus dem Feld heim, sondern aus der Kriegsgefangenschaft, in der bereits eine zum Teil nicht unerhebliche Umerziehung stattgefunden hatte. Auch konnten die Veteranen diesmal nicht als einzige Gruppe die direkte Erfahrung des Krieges für sich beanspruchen. Durch Luftbombardements und die Kämpfe innerhalb des Reiches waren die Zivilisten mehr denn je zuvor selbst zum Teil des Kriegsgeschehens geworden. Dadurch, daß die gesamte Gesellschaft durch den Krieg traumatisiert war, kam den Soldaten kein exklusiver "Opferstatus" mehr zu. Bieber äußert in diesem Zusammenhang die These, daß es einer traumatisierten Gesellschaft leichter falle, die ebenfalls traumatisierten Veteranen zu integrieren, da ein gemeinsames Erleben des Krieges das Aufkommen von Berührungsängsten verhindere. Dementsprechend führt Bieber die erfolgreiche Demokratisierung der deutschen Nachkriegsgesellschaft auf die gelungene Reintegration der Soldaten zurück. An dieser Stelle lässt sich jedoch kritisch hinterfragen, ob nicht die generelle Kriegsmüdigkeit nach zwei verlorenen Weltkriegen und die alliierte Besetzung, die radikale Elemente in der Gesellschaft solange in Schach hielt, bis diese keine Bedeutung mehr erlangen konnten, eine größere Rolle spielten.

 

Anders gestaltete sich die Situation in den siegreichen Vereinigten Staaten. Hier hatte man, so ergibt Biebers Untersuchung, aus den Fehlern gelernt, die bei der Reintegration der Veteranen nach dem Ersten Weltkrieg begangen wurden. Die Streitkräfte der USA wurden in einem kontinuierlichen Prozess demobilisiert, so daß Gesellschaft und Wirtschaft nicht durch eine einmalige Welle an Rückkehrern belastet wurden. Zudem hatte man sich um die Aus- und Weiterbildung der ehemaligen Soldaten bemüht. Bevor diese endgültig entlassen wurden, erhielten sie die Möglichkeit, einen College- oder Highschool-Abschluss zu machen, der ihre Integration in das zivile Leben vereinfachte. Bieber bezeichnet dementsprechend die Demobilisierung nach dem Zweiten Weltkrieg in den USA als großen Erfolg. Die "citizen army" habe weitgehend problemlos den Übergang vom Krieg zum Frieden geschafft.

 

Ein ganz anderes Bild existiert vom Vietnam-Veteranen. Der unangepasste, drogensüchtige, suizidgefährdete und orientierungslose Vietnamkämpfer ist fast schon ein Topos des amerikanischen Kinos. Umso mehr überraschen die Ergebnisse, die Biebers Auswertung des statistischen Materials zu Tage fördern. Die These, daß mehr Vietnam-Veteranen durch Selbstmord denn durch Kampfeinwirkung gefallen wären, erweist sich bei näherer Untersuchung als Mythos. Der weitaus größere Teil der Veteranen habe ähnlich problemlos wie die Veteranen des Zweiten Weltkriegs die Reintegration in das zivile Leben geschafft. Lediglich ein Teil jener Soldaten, die direkt in die Guerillakämpfe im vietnamesischen Dschungel verwickelt gewesen seien, litten unter der einschlägigen "Post Traumatic Stress Disorder". Jedoch war die Anzahl der Dschungelkämpfer im Vergleich zu den Soldaten, die in anderer Tätigkeit eingesetzt waren,. recht gering. Als weiteren Mythos entlarvt Bieber die Darstellung, daß in Vietnam die sozialen Unterschichten verheizt worden seien. Tatsächlich hatte die Armee in Vietnam ein recht ausgewogenes Bild der amerikanischen Gesellschaft widergespiegelt.. Vietnam, so konstatiert der Autor, sei daher ein Beleg dafür, daß die tatsächliche Integration von Veteranen überlagert werden könne von dem Bild, das in der Gesellschaft von den Kriegsteilnehmern vorherrsche.

 

Insgesamt ist Benjamin Biebers Studie zur Integration von Veteranen in die zivile Nachkriegsgesellschaft eine faktenreiche Arbeit, die neue Erkenntnisse in einem bisher von der Forschung eher stiefmütterlich behandelten Gebiet erbringt. Der Autor versteht es, einige fest verankerte Mythen bezüglich der Veteranen verschiedener Kriege zu entkräften und aufzuzeigen, wie wichtig die gelungene Reintegration der Soldaten in die zivile Gesellschaft ist, um gesellschaftsspaltende Konflikte zu vermeiden. Wenn man überhaupt in dieser gelungenen Arbeit einen Punkt zur Kritik sehen will, dann darin, daß die individuelle Ebene trotz verschiedener eingefügter Zitate nicht wirklich zum Tragen kommt. Obwohl der Autor wiederholt betont, daß es nicht den "typischen Veteranen" gebe, stützt sich die Arbeit doch auf repräsentative Statistiken und macht daher viele summarische Aussagen, die einen Eindruck der individuellen Kriegserfahrung kaum aufkommen lassen. Bieber betont jedoch in dem Vorwort seines Buches selbst, daß in dem weiten Forschungsfeld, das er mit seiner Studie bearbeitet, noch viele Aspekte der weiterführenden Untersuchung harren. Ihm kommt jedoch das Verdienst zu, einen wichtigen und ertragreichen ersten Schritt unternommen zu haben.

 

Dieter Janssen, 06.Dezember 2002

 

 

 

 

www.planet-wissen.de

"Mit dem schwierigen Thema der Wiedereingliederung von Soldaten in das zivile Leben schließt Benjamin Bieber eine klaffende Lücke der bisherigen Erforschung von Soldat und Gesellschaft. Anhand der Beispiele Erster und Zweiter Weltkrieg, Rückkehr der amerikanischen Veteranen aus dem Weltkrieg und aus dem Vietnamkrieg wird ein differenziertes Bild der Perspektiven von Integration und Scheitern der Wiedereingliederung von Soldaten gezeichnet. Verständlich und eindringlich unterstreicht der Autor, wie wichtig eine erfolgreiche Integration gedienter Soldaten für die jeweilige Gesellschaft ist und belegt dies beispielsweise an der gescheiterten Wiedereingliederung deutscher Soldaten nach dem ersten Weltkrieg."